Natürlich kenne ich den Bad Laerer Piepstein. Schließlich bin ich hier aufgewachsen und habe den Begriff immer wieder gehört, habe immer mal wieder Mauern aus dem blaßgrauen Stein gesehen oder ihn als Deko-Stück in einem Blumenbeet entdeckt – nichts Besonderes, dachte ich immer. Erst neulich habe ich erfahren, wie einzigartig dieses Gestein ist. Wir waren auf der Rückfahrt von einer Besprechung und wollten uns in der Konditorei Dodt in Bad Laer eben ein Brötchen holen. Aber ich bin nunmal eine Naschkatze. Und verharrte an der Kuchentheke wie die Katze vor dem Mauseloch: mit gespitzten Ohren, zuckender Schwanzspitze und hungrigen Augen. Außer Kuchen gibt es in der Konditorei Dodt auch eine herrliche Auswahl an selbstgemachten Pralinen. Appetitlich sahen sie alle aus, eine allerdings etwas eigenartig: mit kleinen Röhrchen aus Schokolade obendrauf. „Bad Laerer Piepstein“ stand auf dem Schildchen. Diese Piepsteine gibt es für den großen Hunger glücklicherweise auch als Torte.
Bad Laerer Piepstein zum Genießen
Steter Tropfen bildet den Stein
Später am Tisch fragte ich die Bedienung nach der Piepstein-Praline. Ursprünglich ist der Bad Laerer Piepstein ein natürlich gewachsener Stein. Das hängt im Grunde mit genau den mineralreichen Quellen zusammen, auf denen die Heil- und Badetradition des Kurortes Bad Laer gründet. Um diese Sole-Quellen wuchs nämlich vor etwa 10.000 Jahren ein Schilfbesatz. Das kalkhaltige Wasser lagerte sich nach und nach auf den Pflanzen ab und ließ sie schließlich versteinern. Zurück blieb ein Stein mit einer unverwechselbaren Struktur: voller Röhrchen, die wie kleine Pfeifen oder – auf gut Plattdeutsch – wie „Piepen“ aussehen. Zahlreiche Häuser in Bad Laer wurden aus diesem Stein gebaut, der Turm der St.-Marienkirche und das Gewölbe des Hohen Doms zu Münster ebenfalls. Bis in die Niederlande wurde der Piepstein exportiert, denn er ist sowohl besonders hart, als auch leicht, da er so porös ist.
Was dem Aachener die Printe, ist dem Bad Laerer die Praline
Was ich persönlich jedoch noch viel wichtiger fand: die Pralinen aus Schokolade, Sahne, Butter, Krokant und Weinbrandt sind ganz besonders köstlich, zartschmelzend und sahnig. Und genauso wie den harten Piepstein gibt es sie ausschließlich in Bad Laer. Sie werden nur in der Konditorei Dodt hergestellt und zwar noch immer in guter alter Handwerkstradition. Natürlich sind sie deshalb auch DAS kulinarische Wahrzeichen von Bad Laer. So wie Aachener auswärtigen Freunden stets Printen mitbringen, Nürnberger ihren Lebkuchen und Bremer vermutlich Fischbrötchen, so bringe der Bad Laerer guten Freunden Piepsteine mit – und ist damit bestimmt überall gern gesehen.
Das versteinerte Schilf am Kirchturm
Bevor wir weiterfuhren, haben wir uns gleich gegenüber der Konditorei den Kirchturm und sein besonderes Mauerwerk nochmal genau angeschaut – und ich erkannte jetzt zum ersten Mal tatsächlich die versteinerten Schilfröhren. Und natürlich habe ich mir noch Piepsteine – also die zartschmelzenden – mitgenommen.
Das allererste Mundgefühl ist durch die Schoko-Röhrchen obendrauf übrigens ein bisschen kratzig und kalksteinig - aber das ist schnell vorbei, wenn die Sahne-Canache schmilzt. Dann schnurrt die Naschkatze.
Adresse
Konditorei Dodt | Am Paulbrink 9 | 49196 Bad Laer
