Kirschen in Hagen am Teutoburger Wald

Eine herrliche Kindheitserinnerung: Die Sommerferien breiten sich in ihrer ganzen Länge träge im Kalender aus und bei uns im Garten werden die Kirschen endlich reif. Gefühlt habe ich nie wieder so viel Obst gegessen wie damals als Kind in Hagen am Teutoburger Wald. Das Kirschdorf wird Hagen a.T.W. auch genannt. Aber was hat es eigentlich damit auf sich? Zählt die Kirsche überhaupt als regionales Produkt? Kirschen gibt es doch schließlich überall. Ich begebe mich auf Spurensuche in meine alte Heimat.

Um zu erfahren, was die Kirsche für Hagen a.T.W. bedeutet, treffe ich mich mit Dr. Edgar Klinger, Betriebswirt von Beruf und Genießer aus Passion. Er leitet das regionale Slow Food Convivium. Der Verein fördert den Genuss regionaler Produkte. „Für die Bauern in Hagen hat die Kirsche schon immer eine wichtige Rolle gespielt. Zu jedem Hof gehörten noch in der Nachkriegszeit traditionell 30 bis 40 Bäume. Als regionales Produkt hat die Kirsche hier also tatsächlich eine lange Tradition. Wie viele und welche Sorten genau in Hagen noch reiften, wusste vor gut zehn Jahren allerdings niemand zu sagen“, erinnert er sich. Also suchte Edgar Klinger einen Fachmann, der die Sorten bestimmen und auflisten sollte. Heute weiß er: „Es gibt rund 300 Sorten in Hagen.“ Und es werden noch einige dazu kommen, denn für die Idee, systematisch eine Kirschen-Sammlung anzulegen, fand er fast überall begeisterte Unterstützung, die Kirschen in Hagen wurden Teil der „Deutschen Genbank Obst“.

Kirschmonster, Kirschhochzeit, Kirschlikör, die Kirsche prägt unser Dorf tatsächlich sehr. Für Gäste gibt es inzwischen drei Kirschlehrpfade und ein Info-Zentrum. Ich freue mich aber besonders, zu hören, dass auch einer unseren liebsten Zeitvertreibe als Kinder nicht verloren gegangen ist: Seit 2013 wird die hohe Kunst des Kirschkernweitspuckens auf dem alle zwei Jahre stattfindenden Kirschfest als Wettkampf durchgeführt. Irgendwie auch ein regionales Produkt. Zwar bin ich jetzt etwas aus der Übung – aber ich erwäge trotzdem eine Teilnahme im nächsten Jahr.

Ab Anfang April sollte man die Gelegenheit nicht verpassen, durch die wunderschöne Landschaft mit den leuchtend schneeweiß blühenden Bäumen zu fahren. Und im Sommer gibt es dann jede Menge Gelegenheit zum Probieren und zum Naschen. Die nutzte ich heute reichlich. Gekostet habe ich unter anderem „Grolls Schwarze“ mit ihrem intensiv-süßen Aroma, das Erinnerungen weckt und „Dönissens Gelbe Knorpelkirsche“, die süß, ein kleines bisschen herb und durchaus reif war, obwohl sie kein bisschen rot schimmerte. Diese Sorte war früher bei vielen Hobbygärtnern beliebt, da sich Amsel, Drossel, Fink und Star von der blassgelben Färbung täuschen ließen und die Früchte so gefeit waren vor dem unstillbaren Kirschen-Appetit der ganzen Vogelschar.

Wie die Kirschensorten in unserem Garten hießen, weiß ich nicht mehr. Meine Mutter hat sie immer nur „Herzkirschen“ genannt. Gelb waren sie jedenfalls nicht und so war mein Vater immer ein bisschen unentspannt im Sommer, ersann ständig neue Wege, die Vögel zu verscheuchen. Pause hatte er bloß, wenn ich mit meinen Freundinnen in die Bäume geklettert bin. „Ihr haltet die Vögel fern und futtert nicht halb so viele Kirschen wie diese gefiederten Räuber“, sagte er immer. Wenn er sich da mal nicht getäuscht hat.

Die Termine für die öffentlichen Führungen über den Kirschlehrpfad für 2019 stehen fest:

Kirschreife:

Sonntag, 29.06.         14:30 Uhr
Samstag, 07.07.         14:30 Uhr
Sonntag, 13.07.        14:30 Uhr

Treffpunkt: Reisemobilstellplatz, Zum Jägerberg 20, 49170 Hagen a.T.W.
Kosten: 2,50 € pro Person (bis einschließlich 18 Jahre kostenfrei)
Dauer: ca. 1-1,5 h

Anmeldung wird empfohlen | Individuelle Gruppenführungen nach Terminvereinbarung:

Kontakt:
Gemeinde Hagen a.T.W.
Jenny Menkhaus, Tel. 05401 / 977-59
menkhaus@hagen-atw.de

Super Tipp: Die Kirsch-Radroute rund um Hagen a.T.W.