Historischer Stadtrundgang durch Osnabrück

Ein noch viel zu kalter Samstagnachmittag im Mai. Eigentlich ein guter Tag für Indoor-Erlebnisse. Unserer Truppe mit den Gästeführern aus Fürstenau ist das aber völlig egal, denn wir freuen uns auf den Stadtrundgang durch die Altstadt mit den Osnabrücker Stadtspielern. Und das lenkt uns von der frischen Brise ab. Voller Erwartung treffen wir an der Treppe zum Rathaus des Westfälischen Friedens Stadtführer Martin Megge. Stilecht in ein historisches Gewand gehüllt, wird er uns auf unsere Zeitreise in das mittelalterliche Osnabrück begleiten. 

Die Osnabrücker Stadtspieler sind ein Ensemble von Osnabrücker Bürgerinnen und Bürger, die Freude am Theaterspielen und Geschichte haben und dabei – so Martin Megge – kein Blatt vor den Mund nehmen. „Die Abwässer hier in der Stadt stinken absolument ekelhaft,“ lautet denn auch das Urteil des französischen Gesandten, dem wir an der ersten Station vom Stadtrundgang begegnen. Er und seine Begleiterin, eine Nonne in Ordenstracht, nehmen an den Verhandlungen zum Westfälischen Frieden teil und versuchen, sich in der für sie fremden Stadt zurechtzufinden. „Die Stadt ist schmutzig und die Menschen leben mit den Tieren unter einem Dach“, kritisiert der Franzose und wir amüsieren uns jetzt schon köstlich. In dieser Szene kommt das Osnabrück von Früher zwar nicht so gut weg, aber wir können uns im heutigen Osnabrück mit den hübschen Altstadtgassen absolut vom Gegenteil überzeugen.

In der nächsten Episode können wir erleben, dass zu früheren Zeiten mit dem Tuchhandel viel Betrug betrieben und so manch Unschuldiger übers Ohr gehauen wurde. Beeindruckend ist übrigens die imposante Kulisse dieses Auftritts: der Steinwerkshof aus dem Jahre 1180, der mir als Bewohnerin vom Osnabrücker Land so noch nicht bekannt war. Im Mittelalter waren diese Gebäude, die komplett aus Stein bestehen, eine Rarität. Heute verbirgt sich das Amt für Denkmalpflege in den schönen Gemäuern und im alternativ angehauchten Innenhof finden auch Konzerte oder gemütliche Weinproben des Wein Cabinets statt. Spätestens jetzt erkennen wir für uns: die historische Stadtgeschichte so anschaulich und lebendig zu erleben, ist eine tolle Erfahrung und alles andere als langweilig und trocken. Das sollten wir auch in Fürstenau umsetzen!

Unser Stadtrundgang führt weiter zum Haus der Jugend, das auch als Veranstaltungsort bekannt ist. Nie wäre ich auf die Idee gekommen, hier in den Innenhof ab zu biegen, der sich als richtig reizend entpuppt. Das Team der Stadtspieler stellt an diesem Ort dar, wie der Bürgermeister dafür sorgt, dass die Bürger ihrer Verpflichtung nachkommen, die Stadtmauern zu bewachen. Auch in dieser Theater-Szene sind die Kostüme wieder richtig klasse. Sie werden mit viel Engagement und Leidenschaft von den Darstellern selbst genäht. Und diese Leidenschaft spüren wir sowieso bei jeder Szene. Soviel Enthusiasmus können nur hochmotivierte Laiendarsteller rüberbringen, die eng mit ihrer Heimatstadt verbunden sind. Wieder machen wir uns auf den Weg und warten mit Spannung, wo uns die nächste Szene überraschen wird. Martin Megge erklärt währenddessen die vielen Details zu dem eben gesehenen Akt und beantwortet unsere Fragen mit großem Wissen.

Ich merke, dass ich Osnabrück hier, abseits der Einkaufstraßen, mal mit ganz anderen Augen sehe.

Der nächste Halt ist eine gute Gelegenheit, unseren leckeren „Fürstenauer Schlosstropfen“ auszuschenken, denn es geht um Alkohol. Ein Brauherr  verschwendet zum Leidwesen seiner Holden den teuren Hopfen für allerlei Brau-Versuche und trotzdem gelingt ihm kein gutes Bier. Das Schauspiel an der Bocksmauer bleibt auch von anderen Stadtbesuchern nicht unbemerkt. So werden Mitarbeiter der Botschaft aus Kasachstan auf uns aufmerksam und prompt wird unser kleines Mittelalter-Spektakel als Erinnerung gefilmt. Dieser Stadtrundgang verbindet Nationen! So ist es übrigens kein Wunder, dass die Stadtspieler auf Anfrage auch in englischer Sprache gebucht werden können.

Am Schluss dürfen wir selbst auch Teil des Geschehens sein und wirken mit … als Mauerwerk! In dieser Baumeister-Szene erleben wir die Revolution der gotischen Bauweise hautnah. Ein wirklich unterhaltsames und spannendes Osnabrücker Stadterlebnis geht zu Ende. Ich kann es wirklich nur weiterempfehlen und meine Begleiter, das klasse Gästeführer-Team aus Fürstenau, nimmt viele Ideen mit in die Heimat. Geht auch ihr mit auf diese einzigartige Reise in die Vergangenheit. Neue Mitspieler sind den Osnabrücker Stadtspielern übrigens immer herzlich willkommen.

Interessierte Besucher können von April bis Oktober an 12 offiziellen Auftritten der Stadtspieler Osnabrück teilnehmen oder Sonderführungen reservieren.

Den gesamten Spielplan findet ihr auf der Webseite der Stadtspieler Osnabrück.