Zwei historische Bauten umrahmen eindrucksvoll den Neuen Graben in Osnabrück: Der Ledenhof sowie das Osnabrücker Schloss. Beide Gebäude blicken auf eine bewegte Vergangenheit zurück und dienen heute als Orte der Zukunft: Der Ledenhof als Sitz der Deutschen Stiftung Friedensforschung und des Literaturbüros Westniedersachsen, das Schloss als Verwaltungssitz der Universität Osnabrück.
Der Ledenhof
Die Ursprünge des durch sein farbiges Dekor hervorstechenden Palais mit Steinwerk reichen bis ins 14. Jahrhundert zurück. Es diente im Mittelalter als Stadtsitz des Patrizier- und Adelsgeschlechtes von Leden. Von der ursprünglich großzügigen Hofanlage haben sich bis heute drei bedeutende Gebäudeteile erhalten: der Speicher in Bruchsteinmauerwerk mit typischem Satteldach, der neu verputzte, farbig gestaltete Palas mit seinen Ziergiebeln und der Treppenturm aus dem 16. Jahrhundert. Der Speicher, als ehemaliges Lagerhaus, bildet den ältesten Gebäudeteil. Er wurde durch aufwendige Umbauten im 15. Jahrhundert von drei- auf sieben Geschosse erhöht. Als Wohnhaus diente der Familie von Leden der Palas. Der frühere Festsaal im ersten Obergeschoss mit seinem großen Kamin und Balken und Bohlen mit Motiven der Frührenaissance lässt noch heute den Repräsentationswillen der Adelsfamilie erkennen und bietet Raum für kulturelle Veranstaltungen. Bis ins 20. Jahrhundert wurde für die gesamte Anlage die Bezeichnung “Alte Münze” genutzt, vermutlich befand sich im Ledenhof auch eine Münzwerkstatt. Die dem Ledenhof gegenüberliegende Universitätsbibliothek “Alte Münze” trägt noch diesen Namen. Seit 1930 ist der Ledenhof im Besitz der Stadt Osnabrück, drohte während und nach dem Zweiten Weltkrieg zu verfallen, wurde aber zwischen 1964 und 1976 umfassend saniert.
Deutsche Stiftung Friedensforschung
Im Jahr 2002 bezog die Deutsche Stiftung Friedensforschung das Erdgeschoss des Ledenhofs. Diese wurde im Oktober 2000 durch die Bundesrepublik Deutschland (vertreten durch das Ministerium für Bildung und Forschung) als Einrichtung der Forschungsförderung im Bereich der Friedens- und Konfliktforschung gegründet. Ziel ist es u. a. mit den geförderten Projekten Voraussetzungen und Bedingungen zur Verhütung von Krieg, Armut, Hunger und Unterdrückung zu schaffen, die Menschenrechte zu wahren und natürliche Lebensgrundlagen und Entwicklungsmöglichkeiten zu nutzen und für kommende Generationen zu erhalten.
Das Osnabrücker Schloss im Dritten Reich
Im Jahr 1937/38 wurde der Westflügel des 1667-1675 als fürstbischöfliche Residenz errichteten Schlosses für die Nutzung durch die Geheime Staatspolizei (Gestapo) ausgebaut. Sie verfügte dort über Amtsräume, Gefängniszellen, Verhör- und Folterräume. Ein Bereich des Kellers wurde während des Krieges als Luftschutzraum verwendet und diente der Gestapo bevorzugt für ihre “verschärften Verhöre.” Seit 2001 befindet sich in den erhalten gebliebenen Haftzellen die “Gedenkstätte Gestapokeller im Osnabrücker Schloss e.V.”
Nach der Reichspogromnacht im November 1938 wurden in den Kellern jüdische Osnabrücker inhaftiert, ehe sie ins KZ Buchenwald deportiert wurden. Politische Häftlinge, weitere jüdische Bürger sowie ausländische Zwangsarbeiter wurden später zunächst ebenfalls in den Zellen gefangen gehalten. Eine Hinweistafel am Westflügel verweist seit 1995 auf die Opfer der Gestapo in Osnabrück.
Gedenkstätte Augustaschacht
Die kurzzeitig im Schloss inhaftierten Zwangsarbeiter wurden ab 1944 im Arbeitserziehungslager Ohrbeck bei Hasbergen unter KZ-ähnlichen Bedingungen interniert. Rund 2.000 Insassen durchliefen das Lager bis zum Kriegsende 1945, die größte Gruppe bildeten die Niederländer. Sie wurden u. a. zur Zwangsarbeit im Hüttenwerk in Georgsmarienhütte oder zur Räumung der Bombentrümmer in Osnabrück eingesetzt. Heute befindet sich im ehemaligen Lager die Gedenkstätte Augustaschacht.
Die Stolpersteine
Am Neuen Graben findet sich ein Stolperstein mit dem Namen Maria Westendorf. 1939 in Osnabrück geboren, wurde sie mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit in der Landesheilanstalt Lüneburg Opfer der “Kinder-Aktion”, eines NS-Verbrechens in der Psychiatrie.
Im Jahr 2006 übernahm der Rat der Stadt Osnabrück die Idee des Kölner Künstlers Gunter Demnig, zur Erinnerung an die Opfer der NS-Diktatur Stolpersteine in der Stadt zu verlegen. Die mit einer Messingplatte versehenen Steine enthalten die Namen und Lebensdaten der betroffenen Menschen und werden als Mahnmal und zur Erinnerung vor den ehemaligen Wohn- und Arbeitsorten verlegt. In Osnabrück finden sich (Stand 2021) 296 Stolpersteine. Hinter jedem Stolperstein steht eine Patenschaft durch Osnabrücker Bürgerinnen und Bürger, die das Gedenkprojekt auf diese Weise mittragen. Eine im “Stolpersteine Guide” enthaltene Liste gibt einen Gesamtüberblick auf die bereits vorhandenen Stolpersteine in der Stadt. Diese ist unter folgendem Link abrufbar:
https://stolpersteine-guide.de/map/staedte/120/osnabruck